Institut für osteuropäisches Recht und Rechtsvergleichung
Das Institut für osteuropäisches Recht und Rechtsvergleichung (vormals Institut für Ostrecht) wurde mit Gründung der Akademie für europäischen Menschenrechtsschutz 2021 an diese angegliedert. Innerhalb des Instituts wird zu Themen rund um das Recht in mittel- und osteuropäischen Staaten geforscht und gelehrt. Direktorin des Instituts ist Frau Professorin Dr. Angelika Nußberger. Alle ausschließliche das Institut betreffende Projekte, Lehrveranstaltungen und Kooperationen finden Sie auf dieser Seite. Aktuelle Forschungsvorhaben zum mittel- und osteuropäischen Recht finden Sie auf der Forschungsseite.
Profil des Instituts
Geschichte
Das Institut wurde im Jahre 1964 von Professor Dr. Dr. h. c. Boris Meissner gegründet. Unter seiner Leitung widmete sich das Institut für Ostrecht zunächst der "Systemforschung", das heißt der wissenschaftlichen Untersuchung des Rechts in den osteuropäischen Staaten, das aufgrund seiner engen Verbindung mit dem politischen System dieser Länder ein eigenständiges Forschungsgebiet bildete. Die Einbeziehung politikwissenschaftlicher Fragestellungen in den Aufgabenbereich eines juristischen Instituts war durch das marxistisch-leninistische Staats- und Rechtsverständnis bestimmt, wonach das Recht als Instrument der Politik angesehen wurde. Einen besonderen Forschungsschwerpunkt stellte das Völkerrecht in seiner Verbindung mit der Außenpolitik dar. Während der sechziger Jahre beschäftigten sich zahlreiche Veröffentlichungen der Institutsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter mit den Beziehungen zwischen Ost und West vor dem Hintergrund des sozialistischen Völkerrechtsverständnisses.
Diese Untersuchungen sollten sich in den siebziger Jahren, der Zeit der Entspannungspolitik und des KSZE-Prozesses, als wertvolle Vorarbeiten erweisen. Daneben konzentrierte sich die Arbeit des Instituts nun auf die Erforschung der Zusammenhänge zwischen dem Verfassungsrecht und dem politischen System unter den Bedingungen eines totalitären Einparteienstaates sowie auf wirtschaftsrechtliche Fragen. Wenn sich auch das offizielle Grundrechtsverständnis in Osteuropa bis zur Wende von 1989/90 nur graduell veränderte, so konnten sich doch als Folge des "Helsinki-Prozesses" in vielen Ländern Bürgerrechtsbewegungen entwickeln, die - etwa in der Tschechoslowakei - maßgeblichen Anteil am Sturz des sozialistischen Regimes haben sollten. Schließlich führte die KSZE-Schlußakte von 1975 auch dazu, daß die Beanstandung von Menschenrechtsverletzungen in den osteuropäischen Staaten von diesen nicht mehr stereotyp als "unzulässige Einmischung in die inneren Angelegenheiten" zurückgewiesen werden konnten. Die außenpolitische Bedeutung der Menschenrechtsfrage fand in der Arbeit des Instituts für Ostrecht ihren Niederschlag: 1987 wurde unter der Leitung des neuen Institutsdirektors, Professor Dr. Dr. h. c. Georg Brunner, der drei Jahre zuvor die Leitung des Instituts übernommen hatte, im Auftrage des Bundesministers der Justiz ein umfassender Bericht zum Thema "Menschenrechte in den Staaten des Warschauer Paktes" erstellt. Im Jahr 1989 folgte ebenfalls unter Mitwirkung von Professor Brunner und anderer Institutsangehöriger eine vergleichbare Untersuchung zur Grundrechtssituation in der DDR.
Die Entspannungspolitik der siebziger Jahre führte auch zu grundsätzlichen Veränderungen der deutsch-deutschen Beziehungen. Da dem Institut schon 1968 eine DDR-Abteilung angegliedert worden war, konnte auch auf dem Gebiet des Rechts der DDR dokumentarische und analytische Arbeit geleistet werden. Bis zur Herstellung der deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 wurde eine etwa 10.000 Bände umfassende Bibliothek zu Gesetzgebung, Rechtswissenschaft und Rechtspraxis der DDR aufgebaut, die vor allem nach der Wende von 1989 gute Dienste für Gerichte, Behörden und Rechtsanwälte leistete. Vor allem für das Recht der offenen Vermögensfragen waren Rechtsvorschriften der DDR wie auch der sowjetischen Besatzungsmacht von Bedeutung. Dasselbe galt für die "juristische Vergangenheitsbewältigung"; in diesem Zusammenhang sei auf die von Professor Georg Brunner erarbeiteten Expertisen für die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages hingewiesen, die sich mit der Parteiherrschaft und dem Staatsapparat sowie mit der Entwicklung des Rechtsverständnisses in der DDR beschäftigen.
Der Untergang der DDR markiert am eindrucksvollsten die Tragweite der politischen und wirtschaftlichen Veränderungen im ehemaligen Ostblock. An die Stelle der früheren "Systemforschung" trat die wissenschaftliche Begleitung des Transformationsprozesses, die zunehmend durch Fragestellungen der Rechtsangleichung im Zuge der EU-Osterweiterung bestimmt wurde. Die Aufgaben der Ostrechtsforschung haben demgemäß eher zu- als abgenommen; die zur Verfügung stehenden Mittel haben mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten. An die Stelle der neun Mitgliedsstaaten des Warschauer Paktes traten 28 unabhängige Staaten, die ihre Rechtsordnungen grundsätzlich neu gestalten mussten. Dabei fehlte sowohl das gemeinsame politische System als auch eine gemeinsame Rechtstheorie, so dass der rechtliche Transformationsprozess naturgemäß differenziert verlief und vielfältige Ergebnisse hervorbrachte und zum Teil auch heute noch nicht abgeschlossen ist.
Das Institut für Ostrecht wird seit 2002 von Frau Professor Dr. Angelika Nußberger M.A. geleitet. Im Jahr 2014 erfolgte die Umbenennung zum Institut für osteuropäisches Recht und Rechtsvergleichung. Seit 2021 ist das Institut für osteuropäisches Recht und Rechtsvergleichung an die Akademie für europäischen Menschenrechtsschutz der Universität zu Köln angegliedert.
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte
Das Institut für osteuropäisches Recht und Rechtsvergleichung konzentriert sich bei der Analyse der Rechtsentwicklung in regionaler Hinsicht auf die Staaten Mittel- und Osteuropas sowie in sachlicher Hinsicht auf das Verfassungs-, Staats- und Völkerrecht und andere Bereiche des öffentlichen Rechts. Im Vordergrund steht die Auswertung der neuen Verfassungen, insbesondere im Hinblick auf ihre Regelungen zum Schutz der Menschen- und Bürgerrechte einschließlich der Rechte nationaler Minderheiten sowie die Rechtsentwicklung. Einen weiteren Schwerpunkt der Arbeit des Instituts bildet die Untersuchung der unmittelbaren oder mittelbaren Einflüsse des europäischen Rechts auf die Rechtsentwicklung in den osteuropäischen Staaten sowie - umgekehrt - des Einflusses der Staaten Mittel- und Osteuropas auf den Prozess der Konstitutionalisierung in der Europäischen Union.
Neben den im Bereich des deutschen öffentlichen Rechts angebotenen Lehrveranstaltungen (Verfassungs-, Staats-, Verwaltungsrecht, Verfassungs- und Verwaltungsprozessrecht, Sozialrecht) werden am Institut Vorlesungen und Seminare angeboten, deren Gegenstand das geltende Recht sowie auch Rechtstraditionen und Rechtsterminologie in Ost- und Mitteleuropa sind. In besonderem Maße ist das Institut dabei bemüht, unmittelbare Kontakte zu universitären Einrichtungen in Mittel- und Osteuropa zu unterhalten und nicht nur den Studierendenaustausch im Rahmen der Erasmus-Programme, sondern auch einen regelmäßigen Austausch von Kölner Studierenden und osteuropäischen Studierenden durch gemeinsame Blockseminare zu unterstützen.
Mit dem Cologne-Bonn Centre for Central and Eastern Europe wird schließlich eine umfassende Informationsplattform bereitgestellt, die über alle Einrichtungen an der Universität zu Köln unterrichtet, die sich mit der Rechtsordnung der Staaten Ost- und Mitteleuropas, der GUS und Ostasiens beschäftigen.
Aktuelle Forschungsprojekte finden Sie auf der Seite "Forschung" der Akademie für europäischen Menschenrechtsschutz.
Lehrveranstaltungen
Im Sommersemester 2023 wird die Vorlesung "Rechtsentwicklung in Mittel- und Osteuropa: Rechtsvergleichende Analyse der Rechtskulturen" nicht angeboten.