Anna Melikova - Die Interpretation des völkerrechtlichen Gewaltverbots und möglicher Ausnahmen aus der Sicht des russischen Völkerrechts - Russische Doktrin und Praxis
Kurzcharakteristik:
Das Dissertationsvorhaben soll die russische Sicht auf viele, völkerrechtlich nicht unumstrittenen, Fragen des in der UN-Charta verankerten Gewaltverbots erörtern. Neue völkerrechtliche Fragestellungen kristallisieren sich heraus. Lässt sich aus dem Selbstbestimmungsrecht der Völker ein Recht zu Sezession ableiten? Ist die Rettung eigener Staatsangehöriger auf fremdem Staatsgebiet, eine Regel in statu nascendi? Der außenpolitischen Haltung eines Staates, wie der Russischen Föderation, dessen Partizipation an der Weltpolitik, nicht zuletzt durch die ständige Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gesichert ist, kommt insbesondere für die Begründung und Fortentwicklung von Normen des Gewohnheitsrechts eine herausragende Bedeutung zu.
Einleitend wird ein kurzer historischer Abriss das Verständnis des Gewaltverbots der UN-Charta in der Sowjetunion erläutern. Nachfolgend wird der aktuelle Standpunkt im russischen Völkerrecht zu Inhalt und Reichweite des Gewaltverbots und den jeweiligen Ausnahmen sowohl in der russischen Staatspraxis als auch in der Fachliteratur dargestellt. Dabei ist sowohl von Interesse, ob ein der Völkerrechtslehre bekanntes Problem überhaupt diskutiert wird als auch der Standpunkt und die Lösungsansätze. Ein besonderes Augenmerk dieser Arbeit soll auf die, in der völkerrechtlichen Lehre und Praxis präsent diskutierten Ausnahmen vom Gewaltverbot der UN-Charta: die Zulässigkeit der humanitären Intervention ohne Sicherheitsratsmandat sowie die Rettung eigener Staatsangehöriger auf fremdem Gebiet als Unterfall des Selbstverteidigungsrechts, gelenkt werden. In einem größeren Kapitel werden die Problemstellungen der vorsorglichen Selbstverteidigung und der Terrorismusbekämpfung aus russischer Sicht behandelt werden
Das Ziel dieses Dissertationsvorhabens ist eine umfassende Zusammenstellung der im russischen Völkerrecht vorhandenen Standpunkte zum Gewaltverbot der Vereinten Nationen und möglichen Ausnahmen. Die Analyse des bisherigen Verhaltens im Sicherheitsrat, der Linie der russischen Außenpolitik bei den Generaldebatten in den Jahresversammlungen und der offiziellen Stellungnahmen sollen vor allem einen Ausblick in die Zukunft des hier relevanten sicherheitspolitischen Bereichs der russischen Außenpolitik ermöglichen.